Ein großer Klang für Petershausen

Lokomotiven sausten durch die Gebhardskirche

Ein neuer Beamer, eine neue Großleinwand, Petershausens größte, schon nicht mehr ganz neue Orgel und ein alter Stummfilm: Zutaten zur jährlichen Stummfilmnacht in der Gebhardskirche, die jedesmal das Gotteshaus bis auf den letzten Platz füllt. Diesmal hatten das Zebra-Kino und der Stuttgarter Domorganist Johannes Mayr die  tragische Filmkomödie "Der General" (USA 1926) ausgesucht: Tragisch, weil  Kriegswirrnisse Menschenleben gekostet haben; komisch, weil Regisseur Clyde Bruckman und der nie lachende Buster Keaton daraus ein absurdes Verfolgungsspektakel verfeindeter Lokomotiven der Nord-Unionstruppen und Süd-Konföderierten gedreht haben. Dem Zuschauer stockte eine Stunde lang immer wieder der Atem, gefolgt von befreiendem Lachen über gelungene oder missglückte Fallen, in die die jeweiligen Lokomotiven hineinfuhren. Roter Handlungsfaden: Die nach unglaublichen Geschehnissen glücklich endende Liebesgeschichte des Lokführers Johnnie Gray, der seine von  Nordstaatlern entführte Geliebte Annabelle samt seiner Lok "General"  befreien kann und den nördlichen Angreifern eine schlimme Gefechtsniederlage zufügt.

Stummfilme waren schon immer alles andere als stumm. Seien es der Klavierklimperer, die Kinoorgel oder später ganze Orchesterkompositionen: Musik brachte  Stummfilme manchmal deutlicher zum Reden als übertriebene darstellerische Gesten der Filmschauspieler samt Untertiteln. Johannes Mayr improvisierte nun zum vierten Mal in Folge bei der Gebhardskirchen-Filmnacht auf der Orgel, und jedesmal ist es musikalisch eine andere Herausforderung. Diesmal spielten zwar die "wüsten" Fortissimo-Cluster und chaotischen Akkord- und Laufwerkketten im Schlachtengetümmel, beim Staudammbruch, beim Verfolgungskampf der Lokomotiven und dem Zusammenbruch einer Brücke ihre großen Rollen, aber es galt, die Kriegsparteien der Sezessionskriege sozusagen "vaterländisch" anzufeuern. Das besorgten Lieder mit Wiedererkennungswert: "Glory, Halleluja!" (Battle Hymn) der Unionstruppen und "I wish"-Dixieland  der Konföderierten. Im klassischen Sinn spielte Mayr "Choralvariationen", und wie er das tat, war frappierend: Er fetzte im Railwaystil, arbeitete sich vom lieblichen Flöten- über Mezzoforte-Prinzipalklänge bis zum wummernden Mixturen- und Blechblas-Fortissimo, fugierte die Melodien in tollsten Registerklängen bis zum Gang durch die Tonarten, was normalerweise den Blick in die Noten oder  auf Tasten und Pedale erfordert: Er hatte zusätzlich den laufenden Film zu verfolgen und zu reagieren, was ihm breitflächig und, wo nötig,  sekundengenau gelang. Für diese außergewöhnliche Meisterleitung  dankten die Zuschauer, die auch Zuhörer geworden waren, mit ganz großem Schlussapplaus. Die "Petershauser Orgelkultur" hat wieder ein markantes Ausrufezeichen gesetzt.

Die Stummfilmnächte in St. Gebhard

Die Idee zu Orgel-Stummfilmnächten hatte die "Petershauser Orgelkultur", als sich die neue Winterhalter-Orgel 2014 als ausgezeichnetes Konzertinstrument erwies. Im selben Jahr noch startete in Zusammenarbeit mit dem studentisch geprägten Zebra-Kino und dem Ausnahmeorganisten Johannes Mayr aus Stuttgart diese ungewöhnliche Konzertreihe. Es liefen 2014 – 2017 die Filmklassiker "Metropolis", "Faust",  "Der Glöckner von Notre Dame" und "The General". Der nächste Film steht schon fest: "Tabu" (USA 1931) am 8. September 2018, wieder mit Johannes Mayr als Orgelimprovisator.

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